gaz 90 - Feb./März 2020 Kommunalwahl

Die Lage spitzt sich zu

Mehr Pflegebedürftige, steigender Personalmangel, ungleiche Finanzierung, höhere Qualitätsanforderungen – viele Stellschrauben befördern den Pflegenotstand.

Eine Frau in Bamberg betreut ihren Ehemann, der unter einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung leidet, zuhause. Dann wird sie plötzlich selbst krank und müsste dringend zu einer stationären Behandlung ins Krankenhaus. Doch wohin mit ihrem Mann? Ein Platz in der Kurzzeitpflege ist nicht zu bekommen. Der Mann kann aber nicht allein zuhause bleiben. Also entscheidet sich die Frau lediglich zu einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus, zum Nachteil ihrer eigenen Gesundheit. Und sie nimmt ihren schwer pflegebedürftigen Ehemann für die Zeit der Behandlung mit ins Krankenhaus.
Ein Einzelfall? Keineswegs. Im Juli 2018 gab es in Bamberg 28 Kurzzeitpflegeplätze. Waren das schon nicht viel, so fiel die Zahl ein halbes Jahr später mit 18 Plätzen noch mal niedriger aus.
Schon seit Jahren ziehen sich die Träger nach und nach aus der Kurzzeitpflege zurück. Dafür gibt es mehrere Gründe: Kurzzeitpflegeplätze gehen oft automatisch in Langzeitpflegeplätze über, was zur Folge hat, dass sie ihre Funktion verlieren. Außerdem werden Kurzzeitpflegeplätze nur zu 90% refinanziert, das heißt, der Träger der Einrichtung zahlt drauf. Das Personal, das dort arbeitet, muss jedoch genauso hoch qualifiziert sein und ist schwer zu finden. So setzen die Träger das Personal lieber in vollstationären Einrichtungen ein, wo die Plätze zu 100% gefördert werden.
Ein großes Problem ist der Fachkräftemangel in der Pflege. In Bamberg sind aktuell 870 Pflegeplätze belegt. Mit ausreichend Personal stünden bis zu 80 Pflegeplätze mehr zur Verfügung.
Durch den demographischen Wandel spitzt sich die Situation weiter zu. So wird die Zahl der Pflegebedürftigen in Bamberg bereits bis zum Jahr 2021 voraussichtlich um rund 300 zunehmen.
Erhebliche Auswirkungen hat auch das neue Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. Es sieht mittelfristig u.a. eine Einzelzimmerquote von 75% vor. Das bedeutet, dass aus bisherigen Doppelzimmern in Heimen Einzelzimmer werden. Für die einzelnen Heimbewohner*innen mag das eine Verbesserung sein. Es hat aber zur Folge, dass in den Jahren 2021 bis 2026 rund 300 Betten in den Bamberger Einrichtungen verloren gehen.
Alle diese Zahlen stammen aus dem Planungspapier der Stadt Bamberg „Pflege 2025 in Bamberg“. Die Stadt kann dem nicht länger zusehen. Wir Bamberger Grüne fordern als ersten Schritt, dass sich alle Träger von Pflegeeinrichtungen zusammensetzen und gemeinsam für die Einrichtung von Kurzzeitpflegeplätzen sorgen.

Juliane Fuchs (Listenplatz 19)

Neuste Artikel

Haushalt

Grüne Handschrift beim Haushalt 2025

Ähnliche Artikel