Haushaltsrede des Grünen Fraktionsvorsitzenden Christian Hader bei der Vollsitzung zur Verabschiedung des Haushalts 2023
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bamberg,
ein guter Haushalt braucht das, was unsere Grünes Bamberg Fraktion schon immer auszeichnet: Verantwortung auf der einen Seite und Mut auf der anderen. Nur mit mutigen Investitionen können wir die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen, von denen es so viele gibt wie noch nie.
Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen sind bis heute spürbar. Wenn man dieser Krise etwas Gutes abgewinnen will, dann dass wir als Stadtgesellschaft – mit montäglichen Ausnahmen – zu großem gesellschaftlichen Zusammenhalt fähig sind. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns alle erschüttert. Die Reaktion, die wir in Bamberg gezeigt haben – ich erinnere nur daran, wie Ehrenamtliche innerhalb von wenigen Tagen auf dem Lagarde Gelände eine unfassbar gute Hilfslogistik aufgebaut haben – das macht uns als Fraktion sehr stolz auf das, was unsere Stadtgesellschaft leisten kann. Und zuletzt zeigt uns die Energiekrise als aktuelle große Herausforderung jetzt schon beim Blick auf Strom- und Gaspreise, dass auch hier wieder der gesellschaftliche Zusammenhalt gefragt sein wird.
Mit Blick auf die Herausforderungen unserer Zeit ist es daher gut, dass wir einen städtischen Haushalt geschnürt haben, der vielen Anliegen der Bambergerinnen und Bamberger Rechnung trägt und letztere aktiv beteiligt. Und wie könnte eine solche Beteiligung unmittelbarer sein, als wenn die Menschen ihre Ideen einbringen und dabei direkt finanziell unterstützt werden. Mit den Unterstützungsfonds stellen wir deshalb nun schon im dritten Jahr in Folge einen Leuchtturm der Mitmachstadt und über 200.000 Euro zur Verfügung, der Vereine, Initiativen und auch Privatpersonen aktiv an der Gestaltung ihres Lebensumfeldes beteiligt.
Aber auch bei vielen anderen Projekten trägt der Haushalt den Anliegen aus unserer Stadtgesellschaft Rechnung. Einige Beispiele:
Die 25-Mio-Investition in die Stadtbauwohnungen ist ein großer städtischer Beitrag dazu, endlich mehr und v.a. bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Kaum ein Anliegen wird häufiger geäußert und wir müssen auch zukünftig jungen Familien bezahlbaren Wohnraum bieten können. Mit diesem Invest liefern wir im sozialen Bereich.
Mit der Tatsache, dass wir mit einer Million endlich das Thema Lange Straße vollumfänglich und mit der klaren Stoßrichtung des niveaugleichen Umbaus angehen, tragen wir den Anliegen des Bürgervereins Mitte und der Anwohnerinnen und Anwohner Rechnung, wir steigen aber auch in den klimafesten Umbau unserer Straßen ein, die zukünftig vielmehr von Grün als von herumstehenden Autos geprägt sein müssen. Da mag es im Übrigen nicht immer und für jeden verständlich sein, dass Bäume manchmal erst entfernt und dann neu gepflanzt werden müssen. Aber genau das sind dieser Klimawandel und seine Folgen, die Folgen des Nicht-Handelns.
Unsere Bäume sehen in vielen Straßenzügen von außen besser aus, als sie es innen sind. Nicht nur deshalb ist auch das 1.000-Bäume-Programm ein echtes Leuchtturmprojekt und gleichzeitig der Startschuss für die Erlebbarkeit des Projekts Mitmachklima.
Eine erleb- und erkennbare Veränderung muss es auch im Bahnhofsumfeld geben, wo wir mit Geld für Konzeptideen endlich das Entree in unsere Stadt angehen wollen, wie es beispielsweise die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg schon lange fordert. Zu diesem Entree gehört richtigerweise auch das Atrium und ja, hier handelt es sich um eine Chance, wenn dieser Schandfleck endlich verschwindet. Wenn wir aber hier nicht auch qualitative Standards wie Gestaltung, Photovoltaik, Fassadenbegrünung, Mobilitäts- und auch zukunftsfähige Nutzungskonzepte einfordern, wird aus der Chance schnell eine verpasste Chance.
Eine Chance, die wir nutzen ist die des Kulturquartiers in der Reithalle. Der Bamberger Osten hat die Gelegenheit auf eine neue soziale Mitte und unsere lebendige Bamberger Kulturszene die Chance auf das, was sie immer wieder zurecht einfordert: Kultur braucht Raum. Wir investieren hier deshalb zwei mehr als sinnvolle Millionen.
Ein weiterer Wunsch aus unserer Stadtgesellschaft ist der nach einem öffentlichen Raum, der als solcher nutzbar bleibt. Diesem Wunsch hat der Stadtrat im Jahr 2022 mehrheitlich keine Rechnung getragen und er will heute – ebenfalls mehrheitlich und ohne grüne Stimmen – wiederum eine Ausschreibung für die Gastronomie auf der Unteren Brücke für das Jahr 2023 beschließen. Das ist der falsche Weg! Ja, wir hatten in 2021 eine Ausnahmesituation, die sich nicht wiederholen darf, die sich – und das ist der Unterschied in der Betrachtung – jedoch auf Grund vollkommen anderer Rahmenbedingungen auch nicht wiederholen wird. Der öffentliche Raum gehört allen und dafür, dass in diesem Raum auch alle gut miteinander zurechtkommen, investieren wir endlich und wie schon lange von uns eingefordert in Personal für einen kommunalen Ordnungsdienst, der in der Stadt unterwegs ist und mit den Menschen in den Dialog tritt.
Personal ist auch insofern ein gutes Thema, hat es die vergangenen Jahre doch leider andere Themen überlagert. Die Aufarbeitung des Prüfberichts wird weiter Zeit in Anspruch nehmen. Aber es ist gut investierte Zeit. Denn ich erinnere daran, dass hieraus auch Strafbefehle gegen hohe städtische Verantwortungsträger resultierten: So etwas darf sich unter keinen Umständen wiederholen und wir werden dafür Sorge tragen. Was aber auch zur Wahrheit gehört: Für die Stadtverwaltung Bamberg arbeiten über 1.000 Menschen, die täglich ihr Bestes für unsere fast 80.000 Einwohnerinnen und Einwohner geben. Damit die Stadt auch in Zukunft Aufgaben erfüllen kann, die viele Bürgerinnen und Bürger nicht missen wollen, ist es der richtige Schritt Personal und Personalkosten nicht als Widerspruch, sondern als Notwendigkeit anzuerkennen und auch hier zu investieren. Wir tun dies, indem wir insbesondere auch in das vorhandene Personal durch Fort- und Weiterbildung, Arbeitsplatzausstattung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf investieren.
Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze auf das Thema Mobilität zu sprechen kommen. Der öffentliche Nahverkehr ist das Rückgrat einer klimafreundlichen Mobilität für alle Menschen. Die ersten E-Busse fahren dank des Engagements unserer Stadtwerke nun endlich auch durch Bamberg und bis 2028 soll die gesamte Flotte komplett elektrifiziert sein. Wir möchten die Menschen zum Umstieg auf die Verkehrsmittel des Umweltverbundes – also Bus, Fuß und Rad – bewegen. Dazu braucht es attraktive Anreize und mit der Neuauflage des Programms „Tausche Führerschein gegen Busticket“ und der Mittelbereitstellung dafür schaffen wir nicht nur einen solchen Anreiz, sondern sorgen über das Abgeben des Führerscheins für eine unmittelbare Reduktion des Autoverkehrs. So geht Verkehrswende.
Und natürlich wollen wir auch den Fuß- und Radverkehr weiter attraktiver gestalten und auch hier Anreize für den Umstieg schaffen. Dazu braucht es Barrierefreiheit, wo es nur geht und insbesondere eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. Daher ist es gut, dass wir den eingeschlagenen Weg – ich erwähne hier nur exemplarisch den für viele Menschen wichtigen Schulradweg zwischen Schönleinsplatz und Pfisterbrücke und dessen weiteren Ausbau – weiter beschreiten und aber auch Mittel für Kreuzungsumbauten einsetzen um insbesondere diese Knotenpunkte sicherer zu gestalten. Verkehrssicherheit kann und darf kein Politikum sein!
Die größte Aufgabe der nächsten Jahre im Bereich der Mobilität und nicht nur da wird jedoch der Bahnausbau sein. Wir wollen uns weiter dafür stark machen, dass dieser für die Menschen hier vor Ort so verträglich wie möglich verläuft und die damit verbundenen Chancen – ich habe oben bereits die Barrierefreiheit angesprochen – vollumfänglich genutzt werden.
Eine ganz andere Barriere konnten wir jetzt schon abbauen – nämlich die in Form einer verschlossenen Tür zur Kirche St. Elisabeth. Dass dafür 50.000 Euro für Aufsichtspersonal aufgewendet werden sollen, sieht nicht nur die Süddeutsche Zeitung in ihrer aktuellen Glosse über die mächtigen Männer Bambergs mehr als kritisch sondern auch wir und hätten diese wohlgemerkt freiwillige Leistung, die laut der Regierung von Oberfranken eigentlich ja gar nicht zulässig ist, lieber im sozialen Bereich investiert. Aber wer weiß, vielleicht muss die Erkenntnis, dass Kirchen einfach offen sein sollten – ähnlich wie die Suche nach einem neuen kirchlichen Oberhirten einfach noch einige Zeit reifen und wir sparen uns dieses Geld dann beim nächsten Haushalt.
Wo wir in den kommenden Jahren nicht sparen sollten, ist beim Klimaschutz. Ich kann mich noch sehr gut an die Klimasondersitzung im Jahr 2020 erinnern. Strittigster Punkt war damals, ob man das, was uns alle – insbesondere aber kommende Generationen – bedroht, Klimanotstand oder Klimakrise nennen soll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist vollkommen egal, wie man das nennt, was unsere Böden seit Jahren austrocknet, unser Grundwasser verebben lässt, unsere Wälder zerstört oder wie im Ahrtal Existenzen vernichtet und viele Leben gekostet hat.
Ja, wir investieren in Klimaschutz und Klimaanpassung, wir verstetigen beispielsweise die Beschattung von Spielplätzen, wir investieren in die energetische Sanierung des Gebäudebestands und unserer Schulen, wir bringen mit dem Mitmachklima Klimaschutz in die Stadtteile, aber es genügt eben nicht, wenn das immer wieder nur wir Grüne einfordern. Wir dürfen uns nicht auf Fördergelder verlassen, sondern sollten die Bürgermeister und Kämmerer im Ahrtal fragen, wieviel sie in Klimaschutz und Klimaanpassung investiert hätten, wenn dadurch die Folgeschäden und Folgekosten hätten gemildert werden können. Lassen Sie uns diese Aufgabe bitte also endlich nicht mehr als grüne Weltanschauung, sondern als gesamtgesellschaftliche Herausforderung anerkennen und auch entsprechend angehen.
Gesamtgesellschaftlich aber auch monetär zu betrachten ist auch die Entscheidung um den Bamberger Schlachthof, die im Januar getroffen werden soll. Für eine Entscheidung, die ja bekanntlich der Stadtrat treffen soll, braucht es eine Entscheidungsgrundlage. Für eine Entscheidungsgrundlage braucht es Informationen. Und genau diese Informationen hat der Stadtrat bis heute nicht. Hat der Schlachthof im vergangenen Jahr eine schwarze Null geschrieben, oder gibt es ein mit Steuermitteln finanziertes Defizit? Welchen Investitionsstau hat der Schlachthof und in welcher Höhe? Welche Verbindlichkeiten hat der Schlachthof? Diese und viele weitere Fragen sind genau so wenig beantwortet, wie die Bürgerinnen und Bürger in diese gesamtstädtische Entscheidung eingebunden sind. Eine Informationsveranstaltung alleine wird da nicht genügen. Wir bleiben deshalb bei unserer Forderung, dass die Entscheidung um die Zukunft des Schlachthofs nicht im Januar getroffen werden kann und darf. Und da es hier und heute ja ums Geld geht, lassen Sie mich ein für alle Mal mit einem Märchen aufräumen: Wasser- und Energie, Abwasser- und Müll, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, Kindergärten, Friedhöfe, der ÖPNV, unsere Feuerwehr – all das ist kommunale Daseinsvorsorge. Ein Schlachthof ist es per Definition nicht – da kann man diese Unwahrheit noch so oft verbreiten. Wir können uns kein Millionengrab im Bamberger Norden leisten und wir als GRÜNES BAMBERG wollen uns keinen Schlachthof leisten, der unter dem zweifelhaften Deckmäntelchen „regional“ viel und immer mehr dem berüchtigten Großschlachter Tönnies als der Bamberger Versorgung dient.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in unseren Haushaltsreden sprechen wir heute über viele Dinge, die die Menschen in unserer Stadt bekommen sollen. Wir müssen uns jedoch auch über Dinge unterhalten, von denen wir uns als Stadt – siehe im vorliegenden Beispiel – trennen müssen oder ggf. trennen wollen. Und in der letztgenannten Kategorie steht für uns das Ankerzentrum an erster Stelle. Es ist überfällig, dass wir jetzt in Planungen einsteigen, wie das Areal nach dem zugesagten Ende 2025 genutzt werden kann. Das Ankerzentrum ist den Menschen sowohl in der Einrichtung als auch außen herum nicht mehr länger zumutbar. Die Stadt Bamberg ist sicherer Hafen. Zu Recht. Wir wollen auch in Zukunft Menschen aufnehmen, die Schutz suchen. Zu Recht. Aber wir wollen das so tun, dass diese Menschen überhaupt eine Chance auf menschenwürdige Unterbringung und Integration haben und wir wollen das so tun, dass dies in unserer Stadtgesellschaft auf Akzeptanz stößt. Beides ist mit dem Ankerzentrum nicht der Fall, deshalb lautet unser Appell an Bundes- und Landesregierung: Schließen Sie das Ankerzentrum endlich und tun sie dies lieber heute als morgen!
Ich möchte zum Schluss zu den schöneren Dingen zurückkommen – konkret zum städtischen Haushalt für das Jahr 2023: Mit diesem Haushalt übernehmen wir Verantwortung für die gegenwärtigen Herausforderungen, vor denen wir als Stadtgesellschaft stehen. Wir fördern mit diesem Haushalt den Zusammenhalt in unserer Stadt. Und wir investieren mit diesem Haushalt mit Mut in unsere Stadtgesellschaft und ihre Bedürfnisse. In der Summe, liebe Kolleginnen und Kollegen stimmen wir deshalb einem Haushalt zu, der mehr denn je die Handschrift dieses Gremiums trägt und der mehr denn je auch eine grüne Handschrift trägt.
Im Namen meiner beiden Fraktionsvorstandskolleginnen Ulrike Sänger und Vera Mamerow und im Namen der gesamten GRÜNES BAMBERG Fraktion möchte ich die Gelegenheit und das nahende Jahresende nutzen, um mich – um uns zu bedanken. Zuvorderst tun wir dies bei Ihnen allen hier. Nach unserer Wahrnehmung hat sich – nachdem auch bei manchen Fraktionen Personalangelegenheiten erledigt wurden – das Miteinander im Stadtrat deutlich verbessert. Wir schätzen das in der Zusammenarbeit mit Ihnen sehr und wünschen uns, dass dieser Weg des konstruktiven Miteinanders weiter beschritten wird. Wir bedanken uns bei Ihnen Herr Felix, bei Herrn Ermold, Frau Werlich, dem gesamten Kämmereiamt und allen Fachämtern, die zur Erstellung des Haushalts beigetragen haben. Ein solches Zahlenwerk kommt nicht von ungefähr und dieser Haushalt ist auch Ihr Verdienst. Darüber hinaus bedanken wir uns bei Ihnen Herr Oberbürgermeister, bei Ihnen Herr Bürgermeister, bei allen Referentinnen, Referenten, Geschäftsführern und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Bamberg für Ihr Wirken und Ihren Einsatz für unsere Stadt. Und zuletzt möchten wir uns bei allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Bamberg bedanken. Ein Stadtrat ist immer nur so gut, wie die Stadtgesellschaft, die ihn trägt. Und getragen werden dieser Stadtrat und diese Stadt durch eine Stadtgesellschaft, in der sich unglaublich viele Bürgerinnen und Bürger in hohem Maße und auf vielfältigste Weise ehrenamtlich engagieren. Dafür Herzlichen Dank!
Wir wünschen Ihnen allen erholsame Weihnachtsfeiertage im Kreise Ihrer Familien und Lieben und wir wünschen Ihnen alles Gute für das vor uns liegende Jahr 2023 – möge es uns Glück bringen! Vielen Dank!
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