Vom Umgang mit einer umstrittenen Frage
An der Personalie Felix scheiden sich die Geister, auch in der Fraktionsgemeinschaft Grünes Bamberg/ÖDP/Volt. Soll der langjährige Finanzreferent Bertram Felix in seinem Amt als Berufsmäßiger Stadtrat auf weitere sechs Jahre wieder gewählt werden, oder soll die Stelle neu ausgeschrieben werden? In unserer Fraktionsgemeinschaft haben wir lange intensiv darüber diskutiert und die Entscheidung abgewogen. Für beide Positionen sprechen gute Gründe und überzeugende Überlegungen. Am Ende ist es für uns alle die ehrlichste Variante, jedem Stadtrat und jeder Stadträtin ihr persönliches Abstimmungsverhalten zu überlassen und dies zu respektieren.
Warum so oder so abgestimmt wurde, stellen wir in den folgenden beiden Stellungnahmen gegenüber:
Für eine Wiederwahl von Bertram Felix als Finanzreferent
Für eine Verlängerung der Amtszeit des jetzigen Finanzreferenten Bertram Felix spricht vor allem seine längjährige, erwiesene Kompetenz in Finanzfragen. Gerade beim Einholen von Fördermitteln auf Bundes- und Landesebene hat er sehr großes Geschick an den Tag gelegt. Auch die komplizierten Zeiten im Schatten von Corona würden es zum risikoreichen Wagnis machen, gerade jetzt die Stelle mit einer neuen Person zu besetzen, von der noch nicht abzusehen ist, ob diese annähernd so kompetent und in jedem Fall erst neu einzuarbeiten wäre.
Das Argument, Felix könne sich ja auch auf eine Ausschreibung selbst wieder bewerben und wenn er tatsächlich der Beste wäre, könnte er ja weiterbeschäftigt werden, ist realitätsfern. Eine Ausschreibung wäre als ein klares, ablehnendes Signal, ja sogar als ein persönlicher Affront gegen ihn zu verstehen, weshalb man sicher davon ausgehen kann, dass er sich nicht abermals auf diese Stelle bewerben würde.
Soll man trotz alledem eine Ausschreibung fordern bzw. beantragen? Auch wir sind nicht unbedingt Fans des Kämmerers und können die vielfache Kritik an seiner Amtsausführung an vielen Stellen teilen. Aber wir sehen auch, dass der Oberbürgermeister und unsere Kooperationspartner*innen von der SPD unter allen Umständen an Bertram Felix festhalten wollen. Der OB wird sich dafür eine Mehrheit suchen, ob mit oder ohne Grünes Bamberg/ÖDP/Volt, und er wird diese Mehrheiten auch in der Opposition finden – mit mehr oder weniger großen Versprechungen oder Vereinbarungen.
Wir halten es deshalb für zielführender, weiter konstruktiv und in Zukunft noch konstruktiver mit dem Finanzreferenten zusammenzuarbeiten und seine Kompetenz für unsere Ziele zu nutzen. Dazu gehört auch, seinen persönlichen Stil der Amtsführung an heiklen Stellen in unserem Sinne positiv zu beeinflussen. Wir sind sogar zuversichtlich, dass man ihn für eine Zusammenarbeit mit der stärksten Fraktion und auch für progressive, ja grüne Themen, begeistern kann, wenn man sich darauf selbstbewusst einlässt.
Hie und da tauchte der Vorwurf auf, dass wir mit einer Wiederwahl des Finanzreferenten alten grünen Grundsätzen untreu würden, weil die grüne Fraktion bei der Besetzung von Referent*innenstellen prinzipiell immer eine Ausschreibung gefordert habe. Das ist so nicht richtig, denn das war keineswegs eine konstant durchgehaltene Linie der vorigen Fraktionen. Oftmals gab es durchaus Stellenbesetzungen ohne Ausschreibung, sondern aus der bestehenden Verwaltung heraus. Hier als Beispiel die Vorgeschichte der jetzigen Referenten: Personal- und Konversionsreferent Hinterstein wurde 2012 zum berufsmäßigen Stadtrat gewählt, ohne dass die Grünen eine Ausschreibung beantragt hätten, ebenso wurde er 2017 wieder gewählt. 2013 wurde Thomas Beese als Baureferent ohne Antrag auf Ausschreibung von der Grünen-Fraktion mit installiert, im Jahr 2019 sogar einstimmig wiedergewählt. Auch bei der Besetzung von Stefan Goller als Wirtschaftsreferent im Jahr 2018 gab es keinen Antrag auf öffentliche Ausschreibung und eine einstimmige Wahl. Und sogar Bertram Felix selbst wurde bei seiner letzten Amts-Verlängerung im Jahr 2014 ohne grünen Antrag auf Ausschreibung bestätigt.
Die Ausschreibung von Referent*innenstellen ist selbstverständlich ein guter Grundsatz, um frischen Wind und neue Energie auf Spitzenpositionen im Rathaus zu bringen. Sie ist aber auch kein Patentrezept für jeden Zeitpunkt und jede Lage. Ausschreibungen sind wohlüberlegt einzusetzen. Das Ergebnis unserer Überlegungen in diesem Fall lautet: Keine Ausschreibung!
Für eine Ausschreibung der Stelle des*der Finanzreferent*in
Neben Oberbürgermeister und Bürgermeister stellt die Position des*der Finanzreferent*in, zumal in haushaltspolitisch schwierigen Zeiten, eine der wichtigsten Stellen dar, die die Stadt zu vergeben hat.
Eine aktive Stadtgesellschaft, wie wir sie wollen, braucht Transparenz im Rathaus sowie vielfältige Beteiligungsformen. Wir wollen Austausch und Debatte mit den Bürger*innen, wir wollen eine glaubwürdige Politik vertreten und das verloren gegangene Vertrauen vieler Menschen in die Politik zurückgewinnen.
Aus Gründen der Transparenz, Mitbestimmung und Partizipation wollen wir, dass diese wichtige Stelle des*der Finanzreferent*in ausgeschrieben wird.
Nach und nach sind die Kompetenzbereiche der Stelle des berufsmäßigen Stadtratsmitglieds gewachsen und umfassen inzwischen die Zuständigkeit für das Finanzreferat, Kämmereiamt, Immobilienmanagement und Forstamt sowie die Aufgabe des kaufmännischen Werkleiters des Bamberger Service Betriebes und des Stiftungsreferenten für die Stadt Bamberg.
Hinzu kommt die Tätigkeit in den Aufsichtsräten folgender stadteigener oder stadtnaher Firmen:
- Bamberger Gesellschaft für Stadtentwicklung und Immobilienbetreuung GmbH
- Stadtbau GmbH
- Bamberger Congress + Event GmbH
- Bamberger Congress + Event Service GmbH
- Bamberger Arena Betriebsgesellschaft mbH
- Schlachthof Bamberg GmbH
- Stadtwerke Bamberg GmbH
- IGZ Bamberg GmbH
- Zweckverband Tierkörperbeseitigung Nordbayern
Wir sehen in der Ausschreibung die Chance, neue Konzepte, Ideen und Beteiligungsmöglichkeiten der Stadtgesellschaft zu bewirken sowie einen Wettbewerb, um die besten Ideen und Personen für diese Aufgaben zu finden.
Das ist unsere Vorstellung der Mitmachstadt, die Anliegen aus der Stadtgesellschaft aufnimmt und so für noch mehr Vertrauen in Stadtrat und Politik sorgt.
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